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Die Grippe meines Lebens hatte ich im März vorigen Jahres (2020), als ein neuer Virus, namens Corona die Welt in den Griff nahm. Die Auflagen für Quarantäne, Lockdown, Kurzarbeit und Homeoffice haben sofort dazu geführt, unser Büro für all unsere In Office-Mitarbeiterinnen zu schließen. Meine Grippe verursachte auf einmal Gedanken an einen nahenden Tod. Gern hätte ich einen Corona-Test gemacht. Das war damals aber nicht so einfach möglich, wenn kein begründeter Verdacht bestand, dass man sich angesteckt haben konnte oder wenn man Fieber bekam. Also habe ich gewartet, ob sich mein Zustand verschlimmert. An einem Abend hatte ich dann 39° Körpertemperatur, was mich fest entschlossen machte, mich am nächsten Tag testen zu lassen. Aber am nächsten Tag war das Fieber wieder weg. Also habe ich mich Zuhause kuriert, konnte nicht mehr arbeiten, fühlte mich weder genesen noch todkrank.

Das ging noch Monate lang so weiter. Zwischendrin ging es mir immer mal wieder für eine Woche ganz gut. Aber dieser Infekt schien sich nicht wirklich aus meinem Körper zu entfernen. Ich war nur noch fähig, ein Stockwerk treppauf zu gehen und war dann atemlos. Hatte stechende Schmerzen beim Einatmen in der Brust, Husten und Kurzatmigkeit. Am schlimmsten war die Mattigkeit. Ich fühlte mich schwach, müde, konzentrationsunfähig. Einmal fuhr ich im Auto und wusste während der Fahrt plötzlich nicht mehr, wo ich war und auch nicht, wo ich hinwollte. Trotz allem war ich im Büro täglich anwesend aber da viele unserer Händlerkunden ihre Läden schließen mussten, ist meine Arbeitsunfähigkeit gar nicht aufgefallen. Kundengespräche hätte ich zu der Zeit nicht führen können.

Ich war immer ein Mensch, die fünf Dinge auf einmal machen konnte. Plötzlich war das total weg. Nur mit größten Mühen ging grade noch eine Sache, auf die ich mich beziehen konnte. Wenn ich damals schon so viele TV-Berichte über Corona gesehen hätte wie zwischenzeitlich, hätte ich sofort einen Arzt aufgesucht. Letztendlich habe ich das auch getan – ein Lungenspezialist. Er meinte, dass alles, was ich über meinen Zustand sagte, danach klingt, dass ich „Long Covid" hätte. Ich hatte nie davon gehört und konnte entsprechend wenig damit anfangen. Der Professor erklärte mir weiter, dass es gut sein kann, dass ich im März (jetzt war es Oktober 2020) an Covid erkrankt war und dies nach 6 Monaten die geschilderten Beschwerden verursacht. Aber es gab keine Möglichkeit, diesen Zustand zu heilen. Ich könne nur abwarten, bis es vorüber ist. Es sei ein völlig neues Phänomen, bei dem Mediziner auch keine Lösung sehen.

Das Ganze hat noch bis Anfang des Jahres 2021 gedauert. Doch in der ganzen Zeit konnte ich nicht schreiben. Ich habe einfach die Sätze nicht im Kopf sortiert bekommen. Worte sind mir entfallen wie bei einer Demenz. Ich habe sehr darunter gelitten und bin unvorstellbar froh, dass es vorbei ist. Jeder Tag war nebulös und depressiv. Der körperliche Schwächezustand hat mich fühlen lassen, wie ein kleines geschlagenes Kind. Ob ich wirklich Long Covid hatte, konnte übrigens nicht nachgewiesen werden. Ein Corona- bzw. Antikörper-Test war dafür nach einem halben Jahr zu spät. Außerdem gibt es keine medizinisch messbaren Nachweise für das Phänomen, was damals (zwischenzeitlich schon) nicht mal als Krankheit anerkannt war. Zwischenzeitlich - nach einem eingehendn Spiegel-Artikel - rangiert Long Covid schon als Krankheit.